Dienstag, 26. Januar 2010

Flieg hoch mein kleiner Vogel...flieg hoch!

Und damit meine ich kein Tier aus der uns bekannten Fauna - nein - ich meine damit den Vogel der mir scheinbar im Hirn rumschwirrt.

Ein Besuch im Sensapolis in Böblingen, einem Themen- und Elebnispark für kleine und große Kinder, gab Anlass für ein bedeutsames Ereignis in meinem Alltag. Neben einem lebensgroßen Raumschiff, diversen physikalischen Spielstationen, einem Erlebnisschloss und dem Piratenschiff läd dort auch ein Kletterpark den ein oder anderen Wahnsinnigen dazu ein über seine Grenzen zu schreiten oder sich mit anderen zu messen.

Zum Aufwärmen gibt es eine Kletterwand in der man erste Versuche mit den Gurten und dem Gefühl für Höhe machen kann und nach der Pflicht die Kür oder besser gesagt die Königsdisziplin: ein Klettergarten in schwindelerregenden 8 m Höhe. Ich weiss - die meisten werden jetzt lächeln und sich fragen ob sich ihre Kinder da schon langweilen - aber - und meine Freunde wissen was jetzt kommt - ich habe Höhenangst!! Schon seit Kindheitstagen hat man mich auf keinem Stuhl mehr gesehen und wenn ich es hoch schaffe dann bestimmt nicht mehr runter. Zu meinen höchsten Errungenschaften im Klettersport gehört das Ikea-Trittschemel mit 2 Stufen.

Und doch wagte ich mich in einem Anflug von Mut an die für mich anmutende Aiger Nordwand und liess mich in die Gurte und das Abseilen einweisen. Mein Beileid gilt der armen Wurst die an diesem Tag Betreuungsdienst beim Klettern machen durfte. Ich habe den Namen leider vergessen aber Freunde von uns waren schon dort und sind der Überzeugung er hiesse "Renate" also belassen wir es dabei :D Renate war bemüht, mich und meine Freundin (und Patin der Kinder) die Kletterwand hochzumotivieren und was soll ich sagen - ich habs geschafft - ich habe für mich den Mount Everest bestiegen und das ohne Sauerstoff und Scherpas.


Bis hierhin hätte das ein super Nachmittag werden können - aber adrenalingeschubt wie ich nach dem Abseilen war hat mich wohl Napoleons Geist besessen - ich wurde größenwahsinnig...

Ich beackerte Irmi inständig mit mir den Klettergarten in gefühlten 100 m Höhe zu bestreiten - doch sie weigerte sich beharrlich mit den Argumenten die mir hätten klar sein müssen. Die beweglichen hängenden Elemente waren für sie schon ein Hindernis - da wäre es mit meiner Höhenangst ein Himmelfahrtskommando das entweder mit einer Panikattacke oder einem Rettungseinsatz der Feuerwehr enden würde. Aber ich liess mich in meinem Höhenflug nicht bremsen - ich beschwor sie mir zu helfen dieses Trauma zu überwinden und mich da oben Seite an Seite zu unterstützen - schliesslich wäre ich grade auch die Aiger Nordwand hoch. Und....sie gab nach (aus heutiger Sicht wäre es vielleicht besser gewesen sie hätte sich nicht erweichen lassen)

Also ging es ab nach oben - gefühlte 100 m - tasächliche 8 m - auf jeden Fall eine Höhe die mein Trittschemel weit in den Schatten stellte. Es folgte die Einweisung, Helm, Gurte, Sicherheitsprüfungen - alles optimal - auf los gehts los. Bis zu dieser Stelle habe selbst ich noch an mich geglaubt - und ich habe es sogar geschafft mich über die Brüstung auf den Zuweg zum freischwebenden Teil vorzuarbeiten - doch mit jedem Kletterschritt über die sichere Brüstung hinweg in die Realität schwand auch Napoleons Geist aus meinen Sinnen - ich fragte mich was in aller Herrgottsnamen ich denn hier machte. Ernüchterung war das erste was mich traf, dicht gefolgt von nackter Angst die sich langsam in Panik steigerte.

Ich klammerte - ich klammerte mich derart an das Geländer damit hätte ich jede Rolle in einem Tarzanfilm gewinnen können- und ich klammerte beharrlich und mit geschlossenen Augen und war nicht mehr ansprechbar. Jegliche Versuche von Renates Seite mich vielleicht ein bisschen davon zu lösen schlugen fehl, ich drohte Renate mit den schlimmsten Schmerzen sollte sie es wagen sich mir auch nur auf Armlänge zu nähern. Nach gefühlten 3 Stunden und wahrscheinlichen 10 Minuten schaffte ich es irgendwie mich wieder zurückzuhangeln, durchgeschwitzt, zitternd, die Todesangst im Gesicht und küsste den sicheren Boden des Plateaus mit dem Versprechen nie nie nie wieder so eine Aktion zu starten.

Man sieht hier schemenhaft meinen Anlauf mit dem festen Vorsatz nun über meinen größten
Schatten zu springen . Bilder vom Klammeraffen erspar ich euch...und mir....


So stand ich da - komplett angurtet, sicher eingehakt und mit Helm - der glücklichste Mensch auf Erden das Desaster überlebt zu haben ganz gleich ob der Schmach - war da aber noch meine Freundin...ebenso angegurtet, gesichert und behelmt - tja - und sie zogs durch - sie bestritt unglaublich tapfer meinen Trauma-Bewältigungs-Parcour - schimpfend wie ein Rohrspatz, mit Blicken die selbst Medusa noch das Fürchten lehren würden und mit dem Versprechen nie nie nie wieder mit mir ein Trauma bewältigen zu wollen.

Die tapfere Irmi allein...
Ich habe gelernt - gelernt dass manche Grenzen nicht immer dann überschreitbar sind wenn man es meint - dass nicht jeder Höhenflug auch mit einer Erfolg endet und mit dem Wissen dass ich es bei der Aiger Nordwand und dem Trittschemel belassen werde :D

Danke Irmi - Danke Renate :)

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